Aufgrund der kurzen Fluchtdistanz der Habichte im Stadtgebiet Berlin und einem Netzwerk von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Greifvogelschutz im NABU Berlin, Naturfotografen und Vogelbeobachtern ermöglicht eine zusätzliche Kennzeichnung von Habichten mit auf größerer Distanz mittels Fernglas/Spektiv ablesbarer Kennringe. Eine detaillierte Dokumentation und Auswertung der Populationsdynamik und der zunehmende Urbanisierung einer Greifvogelart, die erst seit den 1980er Jahren innerstädtische Bereiche als Brutgebiete nutzt, ist durch dieses Netzwerk möglich.
Ziele des Farbkennring-Programms
Folgende Fragestellungen sind z.B. mit Hilfe von individuellen Farbkennringen zu untersuchen, die nicht mit konventionellen Ringen der Vogelwarte zu klären sind:
- Alter und Herkunft der Brutvögel
- Brutplatztreue von Individuen
- Partnerwechsel an Brutplätzen
- Reproduktionserfolg von Individuen/Brutpaarkonstellationen
- Anteil der Nichtbrüter in einer Population/Populationsreserve
- Entfernung des Brutreviere zum Schlupfort
- Verwandtschaftsgrad der Brutpaare/Inzucht
- Größe der Streifgebiets in Abhängigkeit der Lage des Brutplatzes (z.B. Stadtpark, Bebauungsdichte/Einwohnerzahl, Dichte der Brutpaare)
- Beteiligte Nichtbrüter/Helfer an den Brutplätzen
- Wie hoch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit von Habichten nach tierärztlicher Behandlung oder längeren Aufenthalt in einer Wildtierpflegestation in Abhängigkeit der Verletzung bzw. Symptomatik
Infolge der hohen Dichte der Habichte in Berlin und der geringen Fluchtdistanz dieser häufig dem Menschen gegenüber sehr vertrauten Vögel ist die Bearbeitung und Auswertungen dieser populationsökologischen Fragestellungen erst möglich. Diese einzigartige Konstellation in Berlin soll eine Art dokumentieren, die gewöhnlich in Altbeständen von Wäldern brütet und sich aufgrund ihrer Scheu und Vorsicht jeglicher detaillierter Beobachtung im Brutrevier entzieht. Die erzielten Ergebnisse sind von hoher Relevanz für naturschutzbiologische Erkenntnisse und zur Ableitung von Schutzmaßnahmen für einen Spitzenprädator im urbanen Raum.
Arbeitsschritte
Bei der jährlichen Beringung der Nestlinge mit Ringen der Vogelwarte Radolfzell werden die Vögel am anderen Bein zusätzlich mit Farbkennringen aus Aluminium mit einem dreistelligen alpha-nummerischen Code mit schwarzen Buchstaben (1 Buchstabe + 2 Ziffern, z.B. B23) beringt. Durch die Verwendung einer Kombination aus einem Buchstaben und zwei Ziffern sind ca. 2.600 Kombinationen möglich. Dieser Code ist mehrfach auf dem Ring vorhanden, wobei sich diese Konstellation aus fast jeder Perspektive des Beobachters ablesen lässt.
Bei den jährlichen Kontrollen der Brutreviere und bei der Beringung der Nestlinge sollen die Kodierungen der Brutvögel abgelesen werden. Viele der Brutreviere sind bei Berliner Ornithologen und Naturfotografen bekannt und werden von diesen regelmäßig zur Beobachtung aufgesucht. Dieses dichte Netzwerk an ehrenamtlichen und kompetenten Mitarbeitern soll bei der Feststellung der Ringcodierung genutzt und kontinuierlich ausgebaut werden. Allgemein definiert sich das Projekt durch eine Einbindung der interessierten Bürger/innen und deren Beteiligung bei der Ablesung von Farbkennringen. Dabei sollen unbedingt die rechtlichen Regelungen bekannt sein und berücksichtigt werden um aufgrund von Naturbeobachtungen und Natur- bzw. Tierfotografie nicht in Konflikt mit den betreffenden Gesetzen zu geraten.
Ferner bitten wir die Beobachter und Fotografen die Tiere nicht unnötig zu beunruhigen oder zu stören, kein Foto und keine Beobachtung ist eine Aufgabe der Brut, bzw. der Jungvögel, dieser eindruckvollen Tierart wert! In einer Datenbank werden die Sichtungen/Meldungen der Kennringe bei Habichten nach vorheriger Plausibilitätsprüfung zur statistischen Auswertung und Dokumentation archiviert. Die Ergebnisse des Projektes sollen zeitnah in der Fachliteratur publiziert werden und in Vorträgen der Öffentlichkeit präsentiert werden. Aktuelle Zwischenergebnisse und besondere Beobachtungen werden Sie zukünftig hier auf meinem Blog finden.